Unfallversicherungsschutz auf dem Weg vom dritten Ort zur Wohnung?Orientierungssatz zur Anmerkung Ein Unfall auf dem Weg zum Abholen von Arbeitsschlüsseln nach privatem Wochenendausflug kann ein Arbeitsunfall sein. - A.
Problemstellung Der Unfallversicherungsschutz bei Tätigkeiten im Vorfeld der Aufnahme der versicherten Tätigkeit beschäftigt regelmäßig die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Im hier entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob der Weg von einem Wochenendaufenthalt zur Wohnung, der (auch) dem Zweck diente, von dort auf der Fahrt zur Arbeitsstelle am selben Tag für die Arbeit notwendige Gegenstände mitzunehmen, als Betriebsweg (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII), als Arbeitsweg (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) oder unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII (Verwahren von Arbeitsgerät) versichert war.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Die Klägerin, Mitarbeiterin bei einer Kirchenverwaltung, verbrachte das Wochenende nicht an ihrem Wohnort in W., sondern in B. Am 27.11.2016 (Montag) fuhr sie frühmorgens zurück zu ihrer Wohnung, in der sich Schlüssel und Unterlagen für ihren anschließenden Arbeitseinsatz bei ihrem Arbeitgeber (Eröffnung eines Gemeindezentrums in H-R) befanden, der um 11:00 Uhr beginnen sollte. Wenige Kilometer vor ihrem Wohnort verunglückte die Klägerin um 8:55 Uhr mit ihrem Pkw. Der zuständige Unfallversicherungsträger lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Die Klage und Berufung der Klägerin blieben erfolglos. Sozial- und Landessozialgericht entschieden, dass sich die Klägerin bei ihrem Unfall weder auf einem nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII versicherten Betriebsweg noch auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Arbeitsweg befunden habe. Das BSG hat die Entscheidung des Landessozialgerichts aufgehoben und das Verfahren an dieses zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. In seinen Entscheidungsgründen führt das BSG aus, dass die Feststellungen des Landessozialgerichts ausreichen, um die Voraussetzungen eines nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Arbeitswegs (Wegeunfall) zu verneinen. Entsprechend der Formulierung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII und der gefestigten Rechtsprechung des BSG setze ein Wegeunfall voraus, dass die versicherte Haupttätigkeit und das Zurücklegen des Weges miteinander verknüpft seien. Dies erfordere, dass der zurückgelegte Weg mit der Aufnahme oder der Beendigung der Haupttätigkeit bei wertender Betrachtung verbunden sei. Daher müsse die objektiv beobachtbare Handlungstendenz der Klägerin auf das Sichfortbewegen von ihrer Wohnung oder von einem dritten Ort zum Ort der versicherten Tätigkeit gerichtet gewesen sein. Unerheblich sei, dass der Weg von einem „dritten Ort“ zum Ort der Arbeitstätigkeit ein Mehrfaches länger sei als derjenige von der Wohnung aus. Maßgeblich sei aber vorliegend, dass die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin im Unfallzeitpunkt nicht auf das Erreichen des Ortes ihrer Arbeitstätigkeit gerichtet gewesen sei, sondern auf die Erreichung ihrer Wohnung in W. Dies zeige sich auch darin, dass sich die Klägerin im Unfallzeitpunkt – ausgehend von ihrem Startpunkt – bereits über den Tätigkeitsort hinaus in Richtung ihrer Wohnung bewegt habe. Unbeachtlich sei, dass sie später von ihrer Wohnung aus zum Tätigkeitsort fahren wollte, denn abzustellen sei auf die letzte ganz konkrete Verrichtung vor dem Unfall. Nicht ausgeschlossen sei demgegenüber, dass sich die Klägerin im Unfallzeitpunkt auf einem nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII versicherten Betriebsweg befunden habe. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts habe die Klägerin am Unfalltag mit der Rückfahrt zu ihrer Wohnung auch das Ziel verfolgt, dort Schlüssel und Unterlagen für ihren anschließenden Arbeitseinsatz im Gemeindezentrum aufzunehmen. Die tatsächlichen Feststellungen des Landessozialgerichts reichen jedoch nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die Klägerin den Weg zu ihrer Wohnung zur Erfüllung einer sich aus ihrem Beschäftigungsverhältnis ergebenden Pflicht zurückgelegt habe. Hierzu wäre notwendig, dass es eine betriebliche Weisung des Arbeitgebers der Klägerin an diese gegeben habe, die Schlüssel und Unterlagen in ihrer Wohnung aufzubewahren und mit Schlüssel und/oder Unterlagen zum Arbeitsantritt am Unfalltag zu erscheinen. Der Sachverhalt biete Anhaltspunkte, dass der zum Unfall führende Weg eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz gewesen sei. Als wesentlicher Handlungszweck komme sowohl die private Beendigung der Wochenendreise als auch das dienstliche Holen der Schlüssel und Unterlagen in Betracht. Eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz stehe nach ständiger Rechtsprechung im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre. Entscheidend sei, ob die letzte unmittelbar vor dem Unfallereignis ganz konkret ausgeübte Verrichtung (zu deren Maßgeblichkeit: BSG, Urt. v. 21.03.2024 - B 2 U 14/21 R Rn. 15 m.w.N.) nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz gefunden habe. Insoweit sei nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenz, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es sei zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt worden sei, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lasse. Das Landessozialgericht werde zu ermitteln haben, welche betrieblichen Gründe oder Weisungen des Arbeitgebers es für die Aufbewahrung und Aufnahme der Schlüssel und Unterlagen in der Wohnung der Klägerin gegeben habe. Zu beachten sei dabei, dass Weisungen des Arbeitgebers regelmäßig keinem Formzwang unterliegen. Das Landessozialgericht werde ferner die Handlungstendenz der Klägerin im Unfallzeitpunkt näher klären müssen. Bei der vom Landessozialgericht nach der Zurückverweisung vorzunehmenden Prüfung, ob der Zweck, Schlüssel und Unterlagen in der Wohnung aufzunehmen, für den zum Unfall führenden Weg wesentlich gewesen sei, komme dem Zeitfenster von knapp zwei Stunden zwischen der hypothetischen Ankunft in der Wohnung und dem Arbeitsbeginn um 11:00 Uhr besondere Bedeutung zu. Ein längerer Zeitraum zwischen Ankunft und Arbeitsbeginn spreche eher für eine allein wesentlich privaten Motiven unterliegende Handlungstendenz. Die entsprechenden tatrichterlichen Feststellungen habe das Landessozialgericht nachzuholen. Ferner sei Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII zu prüfen. Nach dieser Vorschrift sei unter anderem das mit einer versicherten Tätigkeit im Zusammenhang stehende Verwahren und Befördern eines Arbeitsgeräts versichert. Zur Verwahrung gehöre auch deren Gegenstück, die „Entwahrung“, also die Beendigung der Unterbringung des Arbeitsgeräts, verbunden etwa mit dessen Bereitstellung für die bestimmungsgemäße Verwendung. Versichert seien insoweit auch die mit der Verwahrung oder Entwahrung in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Wege, soweit sie mit dieser einen einheitlichen Lebenssachverhalt bildeten und mit der versicherten Tätigkeit im sachlichen Zusammenhang stehen. Schlüssel und Unterlagen stellen aber nur dann Arbeitsgeräte i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII dar, wenn sie zur Aufnahme oder Verrichtung der versicherten Tätigkeit unentbehrlich seien. Dies könne hinsichtlich eines Schlüssels nur dann der Fall sein, wenn die Arbeitsräume allein mit diesem Schlüssel zugänglich seien und die Verrichtung der geschuldeten Arbeit ohne ihn nicht möglich sei. Ein ähnlicher Maßstab sei an Arbeitsunterlagen anzulegen. Auf der Grundlage dessen werde das Landessozialgericht festzustellen haben, ob die Arbeitsschlüssel und/oder -unterlagen Arbeitsgeräte i.S.d. § 8 Abs 2 Nr. 5 SGB VII darstellen. Außerdem werde es festzustellen haben, ob die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin im Unfallzeitpunkt auf die Entwahrung eines Arbeitsgeräts gerichtet gewesen sei.
- C.
Kontext der Entscheidung Das BSG hat die Voraussetzungen eines Wegeunfallversicherungsschutzes (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) verneint. Nicht näher thematisiert hat es, welcher Ort im Rahmen der Prüfung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII Zielpunkt des zum Unfall führenden Weges war. Das BSG ist ausgehend von der Handlungstendenz der Klägerin von deren Wohnung als Zielpunkt des Weges ausgegangen. In Betracht kam aber auch die Arbeitsstelle als Zielpunkt mit der Wohnung als Zwischenziel, wobei es sich bei der Wegeverlängerung zur Erreichung des Zwischenziels um einen Um- oder Abweg (zu solchen Wegeabweichungen vgl. Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 8 Rn. 218 ff., 228 ff.) gehandelt hätte. Bei dieser Sichtweise wäre zu prüfen gewesen, ob die Klägerin auf diesem grundsätzlich unversicherten Um- oder Abweg vom eigentlichen Ziel deshalb versichert gewesen wäre, weil sie Schlüssel bzw. Unterlagen von ihrer Wohnung abholen wollte. Begibt sich die versicherte Person, wie im vorliegenden Fall, zur eigenen Wohnung, um später von dort aus zur Arbeitsstelle zu fahren, ist davon auszugehen, dass die Wohnung bei natürlicher Betrachtung regelmäßig auch dann nicht als bloßes Zwischenziel des Weges zum Tätigkeitsort angesehen werden kann, wenn sich die versicherte Person weniger als zwei Stunden (zur Maßgeblichkeit dieser Grenze für die Bestimmung des Ausgangs- und Endpunktes bei Wegen nach bzw. von einem dritten Ort vgl. z.B. BSG, Urt. v. 10.08.2021 - B 2 U 2/20 R Rn. 16) in der Wohnung aufhalten will, bevor sie sich danach von dort zum Tätigkeitsort begeben will. Ausgehend davon wäre die Wohnung Endziel des Weges gewesen und der spätere Weg von dort zur Arbeitsstelle ein eigenständiger, versicherungsrechtlich gesondert zu behandelnder neuer Weg. Würde man dagegen die Arbeitsstätte als Endziel des zum Unfall führenden Weges ansehen, hätte dies zur Folge, dass ein eingeschobener Weg zur Wohnung versichert sein könnte, wenn er wesentlich im betrieblichen Interesse zurückgelegt worden wäre. Da der „dritte Ort“ im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII an die Stelle der Wohnung tritt, ergibt es jedoch keinen Sinn, einen in einen Weg zur Arbeitsstätte eingeschobenen Weg zur Wohnung der versicherten Person, die sich erst von dort aus zur Arbeitsstätte begeben will, als versicherten Weg in Betracht zu ziehen. Dies würde dem Schutzzweck des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nicht entsprechen, die Wege vom „dritten Ort“ zur Wohnung nicht unter Versicherungsschutz stellen will. Besteht ein betrieblicher Anlass für den Weg vom „dritten Ort“ zur Wohnung, so kann es sich daher allenfalls entweder um einen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII versicherten Betriebsweg oder um Versicherungsschutz im Umgang mit einem Arbeitsgerät nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII handeln. Nachvollziehbar geht das BSG davon aus, dass – vorbehaltlich der weiteren Sachaufklärung durch das Labdessozialgericht – ein nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII versicherter Betriebsweg der Klägerin vorstellbar ist. Um den Weg der Klägerin wertend als Betriebsweg einordnen zu können, muss dieser im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt werden. Ein innerer Zusammenhang der zum Unfall führenden Fahrt mit der versicherten Tätigkeit kam, wie das BSG zu Recht dargelegt hat, in Betracht, wenn der Arbeitgeber der Klägerin von dieser zum einen aus betrieblichen Gründen eine Aufbewahrung der Schlüssel und/oder Unterlagen in deren Wohnung verlangt hätte, etwa weil dort ein sicherer Verschluss in einem Tresor möglich war, und dies zum anderen mit der Anweisung verbunden hätte, die Schlüssel bzw. Unterlagen zur Eröffnung des Gemeindezentrums mitzubringen. Eine Fahrt, um in diesem Zusammenhang erforderliche Wege zurückzulegen, wäre von dieser Weisung umfasst gewesen und wegen des engen Zusammenhangs mit der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit (Aufnehmen und Mitnahme der Gegenstände zur Arbeit) keine unversicherte Vorbereitungshandlung gewesen. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung wesentlich von derjenigen des Urteils des BSG vom 27.06.2024 (B 2 U 8/22 R m. Anm. Zimmermann, jurisPR-SozR 6/2025 Anm. 3: Kauf von Batterien für ein auch betrieblich genutztes Hörgerät). Keinesfalls genügend wäre demgegenüber allein die Einräumung der Möglichkeit für die Klägerin gewesen, Schlüssel und Unterlagen über das Wochenende mitzunehmen, um dann direkt von zu Hause zur Eröffnung des Gemeindezentrums fahren zu können. Dies wäre keine Weisung im Interesse des Betriebes, sondern lediglich eine Erleichterung für die Klägerin gewesen. Das Aufnehmen der Schlüssel und Unterlagen wäre dann eine unversicherte Vorbereitungshandlung im privaten Bereich, wie das Anziehen der üblicherweise getragenen Bürokleidung oder das Einstecken des auch dienstlich genutzten Handys vor dem Verlassen der Wohnung (vgl. Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 8 Rn. 64; Keller in: Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 SGB VII Rn. 26). Zutreffend weist das BSG darauf hin, dass – wenn eine Pflicht zur Aufbewahrung der Schlüssel oder Unterlagen in der Wohnung sowie zum Mitnehmen zur Arbeit zu belegen ist – wohl ein Fall der gespaltenen Handlungstendenz bzw. gemischter Motivationslage vorgelegen hat. Als Motive für das Aufsuchen der Wohnung lagen wohl sowohl betriebsdienliche Zwecke (Holen der Unterlagen und der Schlüssel) als auch rein private Motive (Beendigung der Wochenendreise) vor. Bei Fällen gespaltener Handlungstendenz differenziert das BSG regelmäßig danach, ob die konkrete Verrichtung, so wie sie sich objektiv darstellt, hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre (Rn. 20 des Urteils). Zu Recht hat das BSG hervorgehoben, dass im vorliegenden Zusammenhang zur Wertung, ob die betriebsdienlichen Motive für die Fahrt wesentlich waren, der zeitlichen Gestaltung eine erhebliche Bedeutung zukommt. Betrachtet man den hier vorliegenden Lebenssachverhalt, so wäre nach der geplanten Ankunft der Versicherten zu Hause wohl noch sehr viel Zeit gewesen, um zunächst rein private Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Urlaubsrückkehr durchzuführen (Ausladen des Gepäcks, Auspacken des Koffers, Lüften der Wohnung, Sichten der Post usw.), um dann die zur Arbeit mitzunehmenden Gegenstände einzupacken und den Weg zur Arbeitsstelle anzutreten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom Landessozialgericht noch durchzuführenden Feststellungen einen Sachverhalt ergeben werden, der so zu beurteilen ist, dass die Fahrt zur Wohnung nicht wesentlich dem Holen des Schlüssels bzw. betrieblicher Unterlagen diente. Zuletzt hat das BSG in seinem Urteil die Frage des Versicherungsschutzes nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII behandelt. Die Anforderungen der Rechtsprechung an das Tatbestandsmerkmal „Arbeitsgerät“ i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII sind hoch (vgl. Stürmer/Schwirz, Unfallsachbearbeiter, Kennzahl 060, S. 1 ff.). Dass der Gegenstand hauptsächlich für berufliche Zwecke verwendet werden muss, entspricht gefestigter Rechtsprechung. Eine wichtige Klarstellung des BSG im Urteil vom 26.09.2024 ist, dass solche Gegenstände für die Erledigung der beruflichen Tätigkeiten unentbehrlich sein müssen, wozu das Landessozialgericht nach der Zurückverweisung Feststellungen zu treffen haben wird. Weiterhin muss auch das Tatbestandsmerkmal der Verwahrung – hier im Sinne der Entwahrung in der Wohnung – erfüllt sein. Dies erfordert, dass die Aufbewahrung der Schlüssel und Unterlagen explizit in der Wohnung der Klägerin vorgeschrieben war. Sollte diese nach ihrer Arbeit die Schlüssel und Unterlagen lediglich über das Wochenende mitnehmen und dann zu Eröffnung des Gemeindezentrums mitbringen, wäre es nicht erforderlich gewesen, diese in der Wohnung aufzubewahren. Lag aber keine Anordnung des Arbeitgebers bezüglich des Ortes der Verwahrung der Schlüssel und Unterlagen vor und stand es der Klägerin frei (so zum Tanken BSG, Urt. v. 30.01.2020 - B 2 U 19/18 R Rn. 19), wo und wie sie die Schlüssel verwahrte, war die Fahrt nach Hause nicht durch betriebliche Belange veranlasst. Das BSG hat in seinem Urteil (Rn. 25) zu Recht dargelegt, dass die im Zusammenhang mit der Entwahrung eines Arbeitsgeräts durchgeführten Wege – falls die Verwahrung explizit in der Wohnung erfolgen sollte – mit dieser einen einheitlichen Lebenssachverhalt bilden müssen. Dies impliziert einen engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang (vgl. Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 8 Rn. 261). Der vorliegende Sachverhalt erscheint insoweit als Grenzfall; die Bejahung eines einheitlichen Lebenssachverhalts durch das BSG erscheint vertretbar. Unabhängig davon kommt im vorliegenden Fall Versicherungsschutz nur unter dem Gesichtspunkt einer Tätigkeit in gespaltener Handlungstendenz in Betracht, wofür es weiterer Feststellungen des Landessozialgerichts nach der Zurückverweisung durch das BSG bedarf.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Die Rechtsprechung des BSG zu Betriebs- und Arbeitswegen bleibt komplex. Das BSG scheint dazu zu tendieren, den Wegeunfallversicherungsschutz (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) weiterhin eng zu fassen und insbesondere in diesem Zusammenhang Vorbereitungshandlungen grundsätzlich als nicht versicherte eigenwirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen (vgl. z.B. BSG, Urt. v. 23.01.2018 - B 2 U 3/16 R: Eisprüfer). Umgekehrt neigt es offenbar dazu, den Versicherungsschutz für vorbereitende Handlungen im Zusammenhang mit Betriebswegen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) auszuweiten (vgl. dazu auch BSG, Urt. v. 27.06.2024 - B 2 U 8/22 R m. Anm. Zimmermann, jurisPR-SozR 6/2025 Anm. 3).
- E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung Das Urteil enthält auch Aussagen zu der erforderlichen Vorgehensweise der Tatsachengerichte zur Feststellung der Handlungstendenz. Es genüge nicht, dass sie Darstellungen der Beteiligten inhaltlich oder wörtlich referierten. Die Gerichte müssen vielmehr die Angaben bewerten und deutlich machen, welche Behauptungen sie aus welchen Gründen für wahr halten und deshalb ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde legen. Dabei müssen die Gerichte alle Indizien feststellen und in eine Gesamtschau einstellen sowie nachvollziehbar und widerspruchsfrei unter- und gegeneinander abwägen. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung des BSG (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl., § 136 Rn. 7b m.w.N.). Ergänzend sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Feststellung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs eine Wertung darstellt, aber die Anknüpfungstatsachen voll bewiesen werden müssen (BSG, Urt. v. 10.08.2021 - B 2 U 2/20 R Rn. 22).
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