Coronavirus – die Gesetzgebung
Die Coronavirus-Pandemie hat den Gesetzgeber herausgefordert – und Bund und Länder reagierten schnell. Durch die erlassenen Gesetze und Verordnungen wurden viele Rechtsgebiete und Lebensbereiche betroffen. Viele der neuen Regelungen wurden zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-bedingten Einschränkungen ergriffen, die wiederum insbesondere dem Schutz der Bevölkerung und der Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems dienen sollten. Andere Regelungen zielten darauf ab, die Handlungsfähigkeit von juristischen Personen zu erhalten.
In diesem Artikel zeigen wir beispielhaft wichtige gesetzgeberische Aktivitäten auf Bundesebene, die seit März dieses Jahres zusammen mit vielen weiteren Gesetzen und Verordnungen des Bundes und der Länder Einfluss auf unseren Alltag genommen haben.
Der Gesetzgeber erließ am 27.03.2020 mit dem „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ (im Folgenden: COVID-19-FolgenG) ein Mantelgesetz mit umfangreichen Regelungen (BGBl. I 2020, 569).
Das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) ist Teil des COVID-19-FolgenG. Es setzt vorübergehend insbesondere die Pflicht zum Stellen eines Insolvenzantrages aus und enthält weitere befristete Regelungen, z.B. zur Haftung von Geschäftsführern und Kreditgebern. Die Antragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung wurde bis zum 30.09.2020 ausgesetzt, soweit die Insolvenzreife auf den Folgen der Corona-Pandemie beruht.
Ebenso Teil des COVID-19-FolgenG ist das „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“. Es zielte darauf ab, die durch Corona bedingten Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten und der dadurch gegebenen Behinderung, Beschlüsse zu fassen, entgegenzuwirken. Insbesondere wurde im Aktienrecht die Möglichkeit eröffnet, Hauptversammlungen virtuell durchzuführen.
Die weiteren Artikel des COVID-19-FolgenG befassten sich insbesondere mit dem Strafprozess und einer Änderung des EGBGB. Die Änderung von § 10 EGStPO hemmt die Unterbrechungsfrist einer Hauptverhandlung, wenn diese aufgrund von Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung der Corona-Pandemie nicht stattfinden kann.
Artikel 5 des COVID-19-FolgenG ändert schließlich Art. 240 des EGBGB ab: Schuldner, die wegen der Corona-Pandemie ihre vertraglichen Zahlungspflichten nicht erfüllen können, sind bei gegebenen Voraussetzungen berechtigt, ihre Leistung einstweilen zu verweigern, ohne dass hieran für sie nachteilige rechtliche Folgen wie eine Vertragskündigung wegen Zahlungsverzugs geknüpft werden können. Dies betrifft z.B. Miet-, Pacht- und Verbraucherdarlehensverträge.
Mit dem Sozialschutz-Paket – „Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronarvirus SARS-CoV- 2 (Sozialschutz-Paket) vom 27.03.2020 (BGBl. I 2020, 575)“ – hatte der Gesetzgeber das Ziel, soziale und wirtschaftliche Folgen aufgrund der Corona-Pandemie abzufedern. Die zahlreichen Maßnahmen enthielten u.a. Regelungen für einen vereinfachten Zugang zur Grundsicherung durch eine vorübergehende Aussetzung der Vermögensprüfung und die volle Übernahme tatsächlicher Wohnkosten.
Ebenfalls am 27.03.2020 wurde das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (BGBl. I 2020, 587) erlassen. Es enthält teils unbefristete Änderungen des Infektionsschutzgesetzes, des Gesetzes zur Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV-Durchführungsgesetz), des SGB V und des Baugesetzbuches. Der Gesetzgeber verfolgte das Ziel, durch Verordnungsermächtigungen schnell und länderübergreifend Maßnahmen zur Reaktion auf die Krise zu ermöglichen, insbesondere für das Bundesgesundheitsministerium. Das BMG wurde ermächtigt, Maßnahmen zur Grundversorgung mit Arzneimitteln, einschließlich Betäubungsmitteln, Medizinprodukten, Labordiagnostik, Hilfsmitteln, Gegenständen der persönlichen Schutzausrüstung und Produkten zur Desinfektion sowie zur Stärkung der personellen Ressourcen im Gesundheitswesen zu treffen. Die Änderung des SGB V erleichtert die Verarbeitung personenbezogener Daten zur länderübergreifenden Versorgungs- und Gesundheitsforschung.
Das „zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vom 19.05.2020 knüpft daran an (BGBl. I 2020, 1018). Es sieht Hilfen für Pflegebedürftige, pflegende Angehörige und Pflegefachkräfte vor. Zudem sollte der öffentliche Gesundheitsdienst gestärkt werden - und es wurden Voraussetzungen für mehr Corona-Tests geschaffen. Die in dem Artikelgesetz enthaltenen Regelungen sind überwiegend am 23.05.2020 in Kraft getreten.
Das Sozialschutz-Paket II – „Gesetz zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (Sozialschutz-Paket II)“ wurde am 28.05.2020 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I 2020, 1055). Der Gesetzgeber sah aufgrund der weitgehend ausgesetzten Verhandlungen vor Arbeitsgerichten den Bedarf, die Funktionsfähigkeit der Gerichte durch die Zulassung audio-visueller Kommunikation zu verbessern. Entsprechend wurden im Arbeitsgerichtsgesetz und im Sozialgerichtsgesetz gleichlaufende bis zum Ablauf des Jahres befristete audio-visuellen Zuschaltungen von ehrenamtlichen Richtern, Parteien, Bevollmächtigten, Zeugen und Sachverständigen ermöglicht. Darüber hinaus sollte das Sozialschutz-Paket II die Belastungen des Arbeitsmarkts weiter abfedern, insbesondere durch Erhöhungen beim Kurzarbeitergeld und einer Verbesserung von Hinzuverdienstmöglichkeiten.
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